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Die Hohenzollern hatten bereits 1884 elektrisches Licht im Schloss. | |||||||||
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Landkreis Sigmaringen
Diese Webseite wurde mit Stand Mai 2016 eingestellt [ weiterlesen ] Zur Hohenzollern- und Kreisstadt Sigmaringen gehören auch die Dörfer Gutenstein, Jungnau, Laiz, Oberschmeien und Unterschmeien. Die Centralstation Schloss Sigmaringen von 1893 Fotos: Pit Fischer, 23. März 2012 Unterhalb vom Schloss Sigmaringen, nicht weit von der Donau, befindet sich die alte Centralstation, in der heute das Kreismedienzentrum (siehe unten) untergebracht ist. Im ersten Moment scheint es verwunderlich, in einer oberschwäbischen Kleinstadt eine solch alte und groß dimensionierte Stromversorgung vorzufinden. Wer einmal an einer der interessanten Schlossführungen teilgenommen hat, kennt den Grund: Die hier residierenden Hohenzollern waren im 19. Jahrhundert für moderne Technik und neuzeitlichen Komfort sehr aufgeschlossen und hatten bereits elektrisches Licht und fließend Kalt- und Warmwasser im Schloss, als solche Dinge für Privatleute noch viel zu teuer waren. Hinzu kam, dass der damals 73jährige Fürst Karl Anton an einem Augenleiden erkrankte und im Jahr 1884 von seinem Leibarzt elektrisches Licht verordnet bekam. So geschah es, dass bereits 1884 elektrische Glühbirnen (1879 von T.A.Edison erfunden) im Schloss Einzug hielten. Der Strom wurde anfänglich von einem "Lokomobil" erzeugt. Die elektrische Schlossbeleuchtung kostete damals 3.593 Mark (heute umgerechnet ca. 43.000 Euro). Die bürgerlichen Häuser in Sigmaringen wurden mit Wachskerzen, ab 1840 auch mit Petroleum- und Spirituslampen beleuchtet und bekamen erst sehr viel später elektrisches Licht. Das damals im Besitz der Hohenzollern befindliche Hüttenwerk Laucherthal (bei Sigmaringendorf) hatte eine Wasserturbinenanlage von 400 PS (294,4 kW). Im Jahr 1893 wurde von hier eine Freileitung (2.200 Volt, wahrscheinlich Gleichstrom) gebaut, die nun 200 PS (147,2 kW), also die Hälfte des in Laucherthal erzeugten Stroms, nach Sigmaringen lieferte. Die Freileitung führte in Sigmaringen zunächst zu einer "Sekundärstation". In dieser befanden sich eine Schaltstation, ein Maschinensaal und ein großer "Accumulatorensaal". Die Akkumulatoren waren nötig, um bei Stillstand des Stromerzeugers (Dampfmaschine, Wasserturbine,...) dennoch Energie liefern zu können. Bis heute hat die Akku-Speichertechnik Platz- und Gewichtsprobleme, denkt man einmal an Photovoltaikanlagen oder Elektroautos. Im späten 19. Jahrhundert erforderten die Akkumulatoren einen ganzen Saal zur Aufstellung. Der Vorteil des Gleichstroms: Er ist speicherbar. Wechselstrom muss immer im Moment des Verbrauchs erzeugt werden. Der Maschinensaal der Sekundärstation war mit einem Umformeraggregat ausgestattet. Zu dieser Zeit war das noch eine Verbindung eines Motors mit einem Generator. Je nach Auswahl konnte ein Gleichstrommotor (2,2 KV) mit einem Gleichstromdynamo für 110/220 Volt gekoppelt werden oder ein Wechselstrommotor mit einem Gleichstromdynamo. Diese verlustbehaftete Umformungsgeschichte wurde erst mit der Einführung bzw. Verbreitung von Wechselspannung, insbesondere in Form des Dreiphasendrehstroms und der Nutzung von Transformatoren nach und nach verdrängt. Erste positive Erfahrungen in dieser Richtung datieren jedoch erst ab 1891 mit der Kraftübertragung Lauffen am Neckar nach Frankfurt am Main. Dass über Fernleitungen auch Gleichstrom übertragen werden konnte, hatte ein Experiment in Bayern in den 1880er Jahren bewiesen. Damals wurde ein Gleichstrom mit etwa 2 KV Spannung von Mießbach nach München geschickt. Die Verluste waren enorm aber es hat funktioniert. Die Sekundärstation entspricht in ihrer Funktion also nicht einer Trafostation, sondern einer Umformerstation für Gleichstrom. Bei Gleichstrom gibt es ja nicht die Möglichkeit der klassischen Transformation, Gleichstrom folgt anderen elektrischen Gesetzmäßigkeiten. Auch die Umformerwerke der Deutschen Bahn (meist in Verbindung mit einem klassischen Unterwerk (110 KV auf 15 KV bei 16,7 Hz) sind keine direkten Trafostationen. Sie verändern hauptsächlich die Netzfrequenz und damit auch die Netzform (Dreiphasendrehstrom des öffentlichen Stromnetzes mit 50 Hz in Einphasenwechselstrom mit verminderter Frequenz). Ein klassisches Unterscheidungsmerkmal zwischen Umformer- und Trafostation war früher und gilt bis heute: Transformatoren stehen still, Umformersätze rotieren - bis zur Einführung moderner Leistungshalbleiter, dann war es auch damit endgültig vorbei. Die Sekundärstation in Sigmaringen wurde später abgerissen. Von der Sekundärstation führte ein "Speisekabel" mit Gleichstrom zu unserer Centralstation: 110 Volt Gleichstrom für den Lichtstrom und 220 Volt Gleichstrom für Kraftstrom ("Bügeleisenstrom"). Von der Centralstation wurden über einen Verteilermast Schloss, Rathaus und Marstall (fürstliches Gebäude für Pferde, Wagen, Kutschen und Geschirr) mit Strom versorgt: insgesamt 3.000 Lampen und 1 Bügeleisen. Es handelte sich hier um ein Gleichstrom-Dreileiternetz. Die Centralstation war also auch keine Trafostation, sondern eine Verteilerstation für Gleichstrom. Uns liegt eine Kopie eines Schwarzweißfotos aus dem Jahr 1894 vor, auf dem die Centralstation und daneben der Verteilermast zu sehen ist. Für das alte Foto haben wir leider wegen ungeklärter Copyright-Situation keine Bildfreigabe vom Schloss Sigmaringen erhalten. Das Bild zeigt den kunstvollen Gittermast und die Isolatoren an der Hauswand. Immer drei Drähte gehörten zusammen. Deshalb waren auf den Stahlträgern sechs Isolatoren nebeneinander (Typ Reichspostmodell). Zwischen einem Außenleiter und dem Mittelleiter lagen 110 Volt Gleichspannung an, zwischen beiden Außenleitern 220 Volt. Das Elektrizitätswerk Sigmaringen von 1896 Fotos: Pit Fischer, 23. März 2012 Ab 1914 beliefert die EVS Biberach (Energieversorgung Schwaben) das E-Werk Sigmaringen "Tag und Nacht" mit Drehstrom. Am 1. Januar 1995 übernehmen die Fürstlich-Hohenzollersche Elektrozentrale Sigmaringen und die Stadtwerke Sigmaringen die Stromverteilung für Schloss und Stadt. Die Centralstation Sigmaringen - heute das Kreismedienzentrum Fotos: Pit Fischer, 23. März 2012 Die Centralstation Sigmaringen ist ein gelungenes Beispiel für eine sinnvolle Umnutzung einer alten Netzstation. Weitere solcher Beispiele haben wir auf unserer Themenseite Umfunktionierung von Trafohäuschen dokumentiert. Quellen: - Teilnahme des Fotografen an zwei Schlossführungen - Broschüre "100 Jahre unter Strom" der Fürstlich-Hohenzollerschen Elektrozentrale Sigmaringen (EZS) Wir bedanken uns insbesondere ganz herzlich bei Herrn Heiner Brod, damaliger Waffenbeauftragter und Themen-Schlossführer am Schloss Sigmaringen, für die ausführlichen Informationen. Webseite Schloss Sigmaringen: www.schloss-sigmaringen.de Die Umspannstation Sigmaringen Schafswiese Fotos: Pit Fischer, 13. Oktober 2012 Die Umspannstation Sigmaringen Krauchenwieser Strasse Fotos: Pit Fischer, 13. Oktober 2012
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